Durch ihre Studien bemerkt Wing, dass es mehr als nur eine Form von Autismus zu geben scheint. Vor allem der Spracherwerb differiert auffällig. Sie erkennt, dass Autismus keine feste Form hat, sondern aus einem Spektrum besteht, in dem verschiedene Eigenschaften unterschiedlich ausgeprägt sind.
Eine weitere großflächig angelegte Studie in den 1990er Jahren ergab eine Wahrscheinlichkeit von mindestens 0,7 %. Damit zeigt sich, dass Autismus keineswegs wie bisher angenommen eine besonders seltene Störung ist. Bis zu diesem Zeitpunkt nahm die Fachwelt jedoch an, dass Autismus ein zu vernachlässigender Bereich sei, da die Wahrscheinlichkeit, mit Autisten zu arbeiten, als gering eingeschätzt wurde. Diese neue Zahl bedeutet jedoch, dass es sehr viele Autisten geben muss, die bisher aufgrund unzulänglicher Diagnostikmethoden nicht erkannt werden konnten.
1995 veröffentlicht Lorna Wing mit „Autistic Spectrum Disorders: an Aid to Diagnosis“ und im Folgejahr „The Autistic Spectrum: a Guide for Parents and Professionals“ gleich zwei Leitfäden, die die Diagnostik und den professionellen Umgang mit autistischen Kindern erleichtern sollten.
Etwa zeitgleich mit Wings ersten Studien entwickelt der norwegische Psychologe Ole Ivar Lovaas (1927-2010) die Autismustherapieform „ABA – Applied Behaviour Analysis“. Ziel dieser Therapie ist, mittels Belohnung und Bestrafung bis hin zu Elektroschocks (bis ca. 1980) autistisches Verhalten abzutrainieren und neurotypisches Verhalten zu belohnen. Das Ziel dieser Therapie ist ein autistisches Kind, das sich nicht mehr autistisch verhält. Viele Betroffene, die als Kind Erfahrung mit ABA machten, entwickelten später aufgrund des Erlebten eine posttraumatische Belastungsstörung. Obwohl ABA seit langem heftig in der Kritik steht, autistischen Kindern neben antrainierten Verhaltensmustern psychisch betrachtet langfristig erheblichen Schaden zuzufügen, finden sich auch in Deutschland Stellen, die ABA als Therapieform anbieten.